„Ein Ausländer zu sein, spürte ich das erste Mal in West-Berlin“

DEUTSCH-DEUTSCHE GESCHICHTE Im Griechischen Bürgerkrieg, der im Oktober vor 60 Jahren endete, flohen 100.000 Menschen in Ostblockländer. Die DDR nahm 1.128 Flüchtlinge auf – auch die Eltern von Andreas Murkudis. Er habe in der DDR eine unbeschwerte Kindheit erlebt, sagt er. Schwierig sei es erst geworden, als die Familie 1973 nach West-Berlin zog

 

INTERVIEW ALEXANDER JOSSIFIDIS

Herr Murkudis, in welcher Form hatten sich Ihre Eltern am Griechischen Bürgerkrieg beteiligt und wie kamen sie in die DDR?

Andreas Murkudis: Beide waren während des Bürgerkriegs noch Teenager und flohen mit den Partisanen über die nahen Grenzen. Wenn Sie so wollen, gehörten sie zur Partisanenbewegung. Man schickte sie in die DDR, während meine ebenfalls geflohenen Großeltern in die Tschechoslowakei gebracht wurden. Auf die Wahl des Exils hatten sie keinen Einfluss, und meine Großeltern fühlten sich in der CSSR auch nicht sonderlich wohl. Weiterlesen

Das verborgene «Jerusalem des Balkans»

Salonikis kleine jüdische Gemeinschaft kämpft um die Erinnerung

Anfang des Jahres, am 28. Januar 2007, beging die nordgriechische Hafenstadt Thessaloniki den alljährlichen Holocaust-Gedenktag. Politiker und Vertreter der jüdischen Gemeinde pilgerten zum Denkmal für die ermordeten Juden der Stadt. Sie legten Kränze nieder, hielten Reden und stellten fest, dass die Einwohnerschaft auch in diesem Jahr wenig Interesse zeigte. Dabei war Thessaloniki noch vor hundert Jahren eine hauptsächlich von jüdischem Leben geprägte Stadt. Auswanderungsbewegungen und Deportationen während des Zweiten Weltkrieges beendeten dieses Kapitel der Stadtgeschichte. Eine kurze Spurensuche: «Hier gleich links befindet sich die Synagoge. Ich kenne die Gegend. Hier habe ich als Kind gewohnt und in den Straßen gespielt.» Der hilfsbereite ältere Herr mit den grauen Haaren und der modischen Brille führt zielsicher zur unscheinbaren und von einem Polizisten bewachten Synagoge. Sie liegt in der Syngrou-Straße, im geschäftigen Zentrum Thessalonikis. Es ist Schabbat, und dennoch finden sich keine Beter ein. «Die Synagoge wird nur noch sporadisch genutzt, beispielsweise an den Hohen Feiertagen», erklärt der freundliche Polizist vor dem Hauptportal und legt für ein paar Minuten seinen Roman beiseite. Wir stehen vor einer der drei verbliebenen Synagogen der Stadt. Vor dem Zweiten Weltkrieg repräsentierten 40 Gebetshäuser das jüdische Gemeindeleben. Sie sind weitestgehend aus dem Stadtbild verschwunden. Der Schutzmann empfiehlt den Besuch des nahe gelegenen Gemeindezentrums. Eine genaue Adresse kann er allerdings nicht angeben und diesbezüglich stößt auch die Ortskenntnis des netten älteren Herrn an ihre Grenzen. Weiterlesen