Widerstand und Bürgerkrieg im besetzten Griechenland 1941 – 1944
Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2009, 520 Seiten, ISBN 978-3-447-05929-9
Das vorliegende Buch ist die erweiterte Fassung einer Doktorarbeit, die im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften an der Freien Universität Berlin angenommen wurde. Kaspar Dreidoppel analysiert die militärische Besetzung Griechenlands durch die Mächte Deutschland, Italien und Bulgarien während des Zweiten Weltkrieges und die damit verbundenen machtpolitischen Umwälzungen. Seinen Fokus richtet er insbesondere auf die einflussreiche griechische Widerstandsbewegung EAM. Deren Führungspersönlichkeiten standen größtenteils der Kommunistischen Partei Griechenlands nahe.
Kasper Dreidoppel kritisiert vorangegangene Veröffentlichungen zum Thema. Seiner Meinung nach würden sie idealisierende Beschreibungen der EAM liefern. Dagegen möchte der Autor das wahre Wesen der Organisation offen legen und deren, wie er es nennt, Schattenseiten kennzeichnen.
In einem ersten Kapitel beschreibt Kaspar Dreidoppel die Ausgangssituation. Er untersucht die Politik des Okkupations- und Kollaborationsregimes und liefert knapp gehaltene Hinweise zur Vorkriegszeit. Die katastrophale Wirtschaftslage im besetzten Griechenland sieht er als entscheidende Grundvoraussetzung für die große Widerstandsbereitschaft im Land.
Das zweite Kapitel untersucht die Herausbildung und die ersten Aktionen des Widerstandes. Dabei beschreibt der Autor griechische und britische Akteure. Neben der EAM und weiteren kleinen griechischen Widerstandsgruppen war es die britische Subversionsagentur SOE, die sich an Kampagnen zur Destabilisierung des Besatzungsregimes beteiligte.
Im dritten Kapitel geht Kaspar Dreidoppel schließlich auf den zentralen Aspekt seiner Abhandlung ein. Er untersucht das Innenleben der Kommunistischen Partei Griechenlands und der mit ihr verwobenen EAM. Dabei beschreibt er die anvisierte bzw. praktizierte Politik der Organisation bzw. ihrer lokalen Akteure.
Es folgt im vierten Kapitel der Blick auf die Entwicklung hin zum Bürgerkrieg. Der Autor stellt die Auseinandersetzungen zwischen der EAM auf der einen und antikommunistischen Kräften auf der anderen Seite dar. Ferner beleuchtet er die Rolle der britischen Politik, die sich in die innergriechischen Auseinandersetzungen einmischte.
Diese Konflikte fanden während der Besatzungszeit deutlichen Ausdruck, doch sie ermöglichten es dem Besatzungsregime nicht, hieraus politisches oder militärisches Kapital zu schlagen. Das vorletzte Kapitel beschreibt folgerichtig die Endphase der Besatzungszeit, welche mit einem Erstarken der EAM einherging.
Abschließend diskutiert Kaspar Dreidoppel die Monate nach dem Abzug der letzten deutschen Soldaten im Herbst 1944. In das Machtvakuum stießen britische sowie griechische Akteure des linken bzw. rechten politischen Spektrums. Die ausgefochtenen Antagonismen der Vergangenheit fanden eine Fortsetzung und führten zu einem Bürgerkrieg, der noch heute viele Emotionen weckt.
Kaspar Dreidoppel hat ein lesenswertes Buch geschrieben, in dem zahlreiche Zitate ein eindrucksvolles Bild von den damaligen Mentalitäten und Aktivitäten zeichnen. Diese Zitate sind aber auch dafür verantwortlich, dass ab und an der Überblick verloren geht und die Relevanz des Geschriebenen nicht immer deutlich wird. Weniger ist manchmal mehr. Daher scheint das Buch sicherlich für den Einstieg in die Thematik ungeeignet. Zumal wichtige Aspekte, die zum Verständnis der damaligen Gesamtsituation beitragen könnten, nur allzu kurz angerissen werden und Zeitsprünge gelegentlich für Verwirrung sorgen.
Auf der anderen Seite bietet die Fülle an dargestelltem Material jedem Interessierten die Möglichkeit, bereits angeeignetes Wissen über den Griechischen Bürgerkrieg und seinen Vorlauf weiter zu vervollständigen. Ein Plus dieses Buches.
Die EAM wird auch nach der Lektüre ein leidenschaftlich diskutiertes Streitobjekt bleiben. Wobei extreme Sichtweisen ihre Anhänger wahlweise als von Slawen gesteuerte Kommunisten oder als heldenhafte griechische Patrioten verstehen. Dabei war die EAM so facettenreiche wie die Gründe unterschiedlich, ihr beizutreten.
Berlin, 24. September 2009 / Erschienen in Südosteuropa Mitteilungen